Pestalozzi-Stiftung Hamburg
Im Strom der Zeit
Die 1847 gegründete Pestalozzi-Stiftung Hamburg ist eine der ältesten sozialen Institutionen in der Stadt und hat sich immer wieder den historisch wechselnden Bedingungen angepasst. Ausführlich ist unsere Entwicklung beschrieben in der Ende 2014 unter dem Titel „Im Strom der Zeit“ erschienenen Chronik der Pestalozzi-Stiftung Hamburg. Weitere Informationen können Sie der Festschrift anlässlich unseres 150-jährigen Jubiläums (1997) entnehmen, von der es noch Restexemplare gibt – auf Anfrage senden wir Ihnen gerne ein Heft zu.
Die Armut in Hamburg zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte erbärmliche Lebensumstände zur Folge. Das aufgeklärte Bürgertum wollte diesen entgegenwirken und insbesondere die Lebens- und Bildungsbedingungen von Kindern verbessern. Eine wichtige Rolle dabei spielten die Logen, meist aus dem Mittelstand stammende Brüderschaften mit ausgewählten Mitgliedern, die vermögend und gut ausgebildet waren. Sie wollten durch karitative Tätigkeit zum Wohl der Menschen wirken.
Johann-Heinrich Pestalozzi
Der Hamburger Pastor Dr. Alexander Detmer war der „Meister vom Stuhl“ der 1845 gegründeten „Loge zur Brudertreue an der Elbe“. Am 12. Januar 1846 hielt er anlässlich des 100. Geburtstags des Schweizer Pädagogen und Sozialreformers Johann-Heinrich Pestalozzi eine flammende Rede und forderte die Versammlung auf, im Sinne Pestalozzis auch in Hamburg tätig zu werden. Die dafür zu gründende „Pestalozzi-Stiftung Hamburg” bekam die Aufgabe, “Kinder zu retten, die durch das Leben ihrer Eltern als verwaiset zu betrachten waren”. Die Erziehung der Kinder sollte im Geist einer lebendigen und evangelischen Frömmigkeit erfolgen, jede pietistische Färbung aber vermieden werden.
Kinderheim in “Billwärder”
Am 8. August 1847, unserem offiziellen Gründungsdatum, begann die Arbeit in einem Kinderheim in „Billwärder”. Wie bei Pestalozzi selbst hatten hier die Bildung in der eigenen Schule und die Arbeit auf dem großen Landgut eine ganz wichtige Funktion. Schon wenige Jahre nach ihrer Gründung war die Pestalozzi-Stiftung in Hamburg bekannt und geachtet. Besonders von wohlhabenden Kreisen wurde sie durch feste Subskriptionen und Spenden unterstützt. Im ersten Jahr lebten 14 Knaben und 7 Mädchen auf dem Gelände, später bis zu 50 Kinder.
Aufgrund der beschränkten Kapazität wurde der Wunsch nach einem Neubau immer stärker und 1865 wurde der Grundstein für eine größere Nachfolge-Einrichtung in Barmbek an der Hufnerstraße gelegt. Die Pestalozzi-Straße am heutigen U- und S-Bahnhof erinnert daran. Der Bau des Bahnhofes war auch ein Grund dafür, dass die Stiftung erneut umzog und 1906 den Neubau in Volksdorf (das spätere Johannes-Petersen-Heim) einweihen konnte.
Diestelstraße in Wohldorf/Ohlstedt
Von 1930 bis 2013 hatte die Stiftung dann ihren Sitz in der Diestelstraße in Wohldorf/Ohlstedt. In den 30er/40er Jahren lebte auch der Autor unserer Chronik, Herr Karlheinz Reher, dort im Heim. Er beschreibt ausführlich, welche großartigen Bedingungen die Kinder dort vorfanden. Der Autor geht auch auf die Ausrichtung der Stiftung im Nationalsozialismus ein und stellt uns insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Die Schrecken und die Wirren des Krieges werden sehr einfühlsam geschildert.
Aufschwung der Pestalozzi-Stiftung Hamburg
Einen großen Aufschwung nahm die Stiftung dann in den 80er Jahren. Sie stellte sich neuen Aufgaben und wurde immer mehr zu dem großen Träger, der wir heute sind. Wir entwickelten Hilfen für Menschen mit einer geistigen Behinderung, zuerst in einem Wohnheim. Die ambulanten Hilfen kamen später dazu und werden heute auch für Menschen mit einer psychischen Erkrankung angeboten. In der Kinder- und Jugendhilfe wurde das Stiftungsgelände verlassen und Einrichtungen geschaffen in Wohngruppen, sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften sowie in regional angesiedelten Zentren (Schwerpunkte in Wandsbek, Altona, Bergedorf und Hamburg-Nord).
Nach einer großen Krise zu Beginn dieses Jahrhunderts entwickelte sich die Stiftung enorm weiter. Die Aufgabenfelder in Kindertagesstätten, in der Ganztagsbetreuung in Schulen, in der offenen Kinder- und Jugendarbeit kamen dazu. Viele Projekte wurden entwickelt, wie z.B. die Einbeziehung von Hebammen in die Betreuung junger Familien oder die zahlreichen Kooperationen mit anderen Trägern und anderen Aufgabenfeldern. Außerdem gründete die Stiftung mit „hamburg work“ einen Tochter-Betrieb, der Menschen mit einer Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt integriert.
Die Geschäftsstelle der Stiftung wurde 1994 von der Diestelstraße nach Steilshoop und 2008 nach St. Georg in die Brennerstraße verlegt.