Offene Kinder- und Jugendarbeit in Neugraben: Dersim Bingöl

Dersim Bingöl. Bild: Nicole Hellwig

Dersim Bingöl. Bild: Nicole Hellwig

Dersim Bingöl ist seit 2011 bei der Stiftung tätig. Er leitet die Jugendfreizeitlounge (JFL) in Neugraben, eine Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA).

Dersim hat Soziale Arbeit am Rauhen Haus studiert. Eine ehemalige Studienfreundin, die bei uns arbeitete, hatte ihm davon erzählt, dass eine neue “JFL” entstehen soll.

Dersim hat nicht immer im sozialen Bereich gearbeitet. Er hatte Kameramann gelernt und viele Jahre für Fernsehen und Film gearbeitet. “Diese Arbeit hat was von Wanderzirkus, das wäre für mich nicht vereinbar gewesen mit der Gründung einer Familie”. Mittlerweile ist Dersim verheiratet und hat zwei Kinder.

So ganz zufällig ist die Entscheidung natürlich nicht auf ein Studium der Sozialen Arbeit gefallen. Im Stadtteil Steilshoop hat Dersim sich früh ehrenamtlich engagiert und konnte erste Arbeitserfahrungen auch im benachbarten Bramfeld sammeln.

In Steilshoop ist Dersim auch aufgewachsen, nachdem er 1981 als kleiner Junge mit seiner kurdisch-griechischen Familie aus der Türkei geflüchtet war. 2011 war tatsächlich nicht sein allererster Kontakt zur Pestalozzi-Stiftung Hamburg: sein Vater hatte in Steilshoop für uns ab den 1980er Jahren in einem Vorgänger der heutigen Sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften eine kurdische Jugendwohnung geleitet. “Einige Leute aus der Stiftung in Leitungsfunktionen kannte ich tatsächlich schon als Kind”, erzählt Dersim.

Bei der Jugendfreizeitlounge in Neugraben findet Dersim schön, dass er sie 2011 von der Pike auf aufbauen konnte. Die Arbeit der JFL wird jährlich vom Bezirksamt Harburg und durch Spenden finanziert. “Alle sind sehr wohlwollend, aber ein bisschen musste man sich am Anfang auch durchbeißen”, erinnert sich Dersim. “Man muss den Kids etwas bieten, ihnen Perspektiven eröffnen”.

Die JFL öffnet an 5 Tagen in der Woche (außer Sonntag und Montag) für Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren, kurz nach Schulende und bis in die frühen Abendstunden. Neben Dersim arbeiten Annika und Abadallah hauptamtlich mit.

Die Kids kommen aus dem Elbmosaik, Neuwiedenthal, Petershof und den anliegenden Stadtteilen – und es sind viele, aus sehr verschiedenen Milieus, mit ganz unterschiedlichen Bildungs- und Familienhintergründen. “Es hat sich herumgesprochen, dass wir einen sehr verbindlichen Umgang pflegen, viele Kinder und Jugendlichen suchen das geradezu. Dank unserem Team aus Honorarkräften, Erziehern und Dienstleistern und dem breiten Kursangebot haben wir natürlich auch echt volles Programm”, berichtet Dersim. “Vor einigen Jahren konnten wir das Angebot speziell für geflüchtete Kinder und Jugendliche öffnen, dank einer Förderung durch die Aktion Mensch. Genial ist, dass die Aktion Mensch ein Programm aufgezogen hat, dass solche Projekte auch länger gefördert werden können – und dass wir gerade erst die Zusage bekommen haben, dass es zwei Jahre weitergehen kann!”

“Wir setzen bei den Stärken und Fähigkeiten an – manchmal sage ich ‘Straßen-Abitur’ dazu. Leider gibt es viele Kinder, die in Schulen kaum gesehen werden oder gemobbt werden. Diesen gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Überhaupt ist uns wichtig, dass die Kinder bei uns auch lernen, sich im Leben durchzusetzen”. Kursangebote wie Nachhilfe, durch Spendenmittel ermöglicht, helfen beim guten Schulabschluss.

An der Stiftung gefällt Dersim, dass er seine Vision und seine Ideen von Pädagogik umsetzen kann. “Mit positiven Impulsen und frischen Gedanken von Christian Violka darf man immer rechnen”. Wenn Dersim sich was wünschen könnte: “Mehr Kohle! Aber: Gut Ding will Weile haben.”